Leben
Saul Leiters Vater war ein bekannter Talmud-Gelehrter, und auch Saul studierte zunächst mit dem Ziel, Rabbiner zu werden. Im Alter von 23 Jahren jedoch verließ er die Religionsschule und zog nach New York City, um Künstler zu werden. Schon früh hatte Leiter ein Interesse an Malerei entwickelt; er traf den Maler Richard Pousette-Dart, einen Vertreter des abstrakten Expressionismus. Pousette-Dart und W. Eugene Smith brachten ihn zur Fotografie; er experimentierte mit einer 35-mm-Leica Camera. Mit Kollegen wie Robert Frank und Diane Arbus gestaltete er die Fotografie der 1940er und 1950er mit, die die Kunsthistorikerin Jane Livingston später als die New York School of Photographers bezeichnete – die in keinem direkten Zusammenhang mit der Künstlergruppe New York School stand.
Leiter lebte mit der Malerin Soames Bantry zusammen, sie hatten im selben Wohnblock getrennte Ateliers. Wirtschaftlich ging es beiden zeitweise sehr schlecht, und sie konnten ihre Miete nicht zahlen. Leiter wurde in seiner New Yorker Wohnung erst Ende der 1980er Jahre vom britischen Kunsthistoriker Martin Harrison wieder aufgespürt und erlebte noch seine Neuentdeckung. Auch Harrison schaffte es erst 2005, einen kleinen Band mit Fotografien Leiters herauszubringen, der dann aber sechs Auflagen erzielte. Ein Dokumentarfilm über Leiter von Tomas Leach wurde im November 2013 kurz vor dem Ableben Leiters in New York gezeigt.
Werk
Leiters frühe Schwarzweiß-Fotografien zeigen eine außergewöhnliche Affinität zu diesem Medium. Seit 1946 hat er in Farbe fotografiert. Eine Einladung Edward Steichens zur Ausstellung The Family of Man (1951) ließ Saul Leiter unbeachtet. Steichen nahm dann im Jahr 1953 Leiters SW-Fotos in die Ausstellung Always the Young Stranger im Museum of Modern Art auf. In den späten 1950ern veröffentlichte Art Director Henry Wolf Leiters farbige Modefotografien in Esquire und später in Harper’s Bazaar. Leiter arbeitete die nächsten zwanzig Jahre als Modefotograf und veröffentlichte in Show, Elle, der britischen Vogue, Queen und Nova.
Leiters Beitrag zur Fotografie ist bedeutend. Seine abstrahierten Formen und innovativen Kompositionen sind von einer malerhaften Qualität, die aus der Arbeit der anderen Vertreter der New York School herausragt. Seine Ambitionen als Maler zeigen sich in seinen bemalten Aktfotos, auf die er Lagen von Gouache und Wasserfarbe auftrug. Martin Harrison schrieb: „Saul Leiters Vision beruht auf einer schnellen Wahrnehmung von spontanen Ereignissen. Konfrontiert mit einem dichten Datennetz, flüchtigen Momenten in Zeit und Raum wendet er eine Vielzahl von Strategien an – schräge Ausschnitte, komplexe, sich überschneidende Ebenen und mehrdeutige Spiegelungen – um eine urbane Bildsprache zu entwickeln, die abwechselnd voller Zuneigung, modern und eindringlich ist.“
Eine Retrospektive zu Leiters Werk fand 2012 in Hamburg in den Deichtorhallen statt.
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